Länderschwerpunkt

14. Länderschwerpunkt
Iran

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Der Iran wird in den westlichen Medien vor allem als kontrovers diskutiertes Land zwischen Demokratie und Theokratie, Konservatismus und Fortschritt, Zensur und Kreativität gezeigt. Das iranische Kino trägt einerseits als Kunst- und Ausdrucksform, andererseits als Propagandamittel zunehmend dazu bei. Diese Dualität wirft ein Licht auf die komplizierte, vielschichtige Situation in Kunst, Kultur, Medien, Gesellschaft, Politik und Religion des Landes.

1905 begann die iranische Film- und Kinogeschichte mit der Eröffnung des ersten Lichtspielhauses. Als in den 1930er Jahren der erste iranische Stummfilm gedreht wurde, begann das Land, eine eigenständige Filmbranche zu entwickeln. Die produzierten Filme orientierten sich vornehmlich an kommerziellen »Bollywood«-Inhalten und wurden schnell als »Film Farsi« bekannt. Von 1960 bis zur islamischen Revolution 1979 entwickelte sich nach dem Vorbild der europäischen Nouvelle Vague eine neue Stilrichtung im iranischen Kino, die gesellschaftliche Konventionen mit kritischkreativen Methoden zur Diskussion stellte. Zu den Mitgliedern dieser Bewegung zählten neben anderen Abbas Kiarostami, Sohrab Shahid Saless, Bahram Bayzai und Parviz Kimiavi.

Viele der Begründer dieses neuen iranischen Films wanderten nach der islamischen Revolution aus und begannen im Ausland ihre internationalen Karrieren. Die verbliebenen Filmschaffenden wurden zunehmend mit Problemen wie Zensur oder fehlender finanzieller Unterstützung konfrontiert. Dennoch stieg ihre Beliebtheit beim heimischen Publikum. Durch die Beschränkungen entwickelte sich eine ganz besondere Filmsprache und verschlüsselte Ausdrucksweise, wie sie auch in anderen restriktiven politischen Systemen der Nachkriegszeit zu beobachten war. Heute werden landesweit 350 Kinos betrieben, die vornehmlich iranische Produktionen verschiedener Genres sowie auch Arthouse-Filme aus Europa oder Asien zeigen. Aber auch das iranische Kino spielt auf A-Filmfestivals wie Cannes, Berlinale, Biennale, Toronto und Sundance mit. Jüngst wurde Asghar Farhadis Thriller-Drama »The Salesman« der Oscar für den besten fremdsprachigen Film verliehen.

Zur Inspirationsquelle der Filmschaffenden wird auch die geografische Vielfalt des Landes – von Skipisten im Norden bis hin zu den Sonnenstränden des Südens. Diese Konditionen beeinflussen die Bildästhetik der Filmemacher aus den einzelnen Regionen erheblich. Außerdem haben sie Auswirkungen auf die Programmatik der landesweit 30 Filmfestivals. Während im Nordosten eher religiös geprägte Filme gezeigt werden, finden im Süden Naturdokumentationen ihr Publikum. In Teheran und Isfahan dagegen gehen die Liebhaber politisch-künstlerischer Filmkunst ins Kino. Die programmatische Spezialisierung der Festivals reicht vom selbst-finanzierten Underground- bis hin zum staatlich geförderten Propagandafilm. Die Auflagen der staatlichen und religiösen Zensurbehörden sind dabei so komplex wie undurchsichtig. Kritik an der Religion oder dem Regierungssystem führt genauso zum Aufführungsverbot wie die Darstellung von Gewaltszenen oder harmlosen Zärtlichkeiten zwischen Ehepartnern. Trotzdem finden die Filmemacher stets einen kreativen Weg, ihre Botschaften zwischen den Zeilen zu verstecken oder ihre Werke über alternative Kanäle zu verbreiten.

Bei der Auswahl der Filme für den Länderschwerpunkt des cellu l’art ging es nicht um eine Bewertung der politischen und moralischen Intentionen der Produktionen, sondern vielmehr um eine Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen ästhetischen Stilmitteln der Filmemacherinnen und Filmemacher. In den drei Filmblöcken »In den Underground«, »Propaganda im 21. Jahrhundert« und »Made in Iran« werden die Koordinaten des iranischen Kinos abgesteckt: vom Staatskino zum Underground, vom Alltag zum Aufruhr.

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